Friederike V.Ruch Steuerberaterin, Partnerin Mitglied der Geschäftsleitung CONVINUS GmbH Dufourstrasse 56, Postfach, CH-8032 Zürich Tel. +41 (0)1 250 20 20, Fax +41 (0)1 250 20 22 friederike.ruch@convinus.ch, www.convinus.ch Die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens und die Änderungen per 1.Juni 2004 im Bewilligungsbereich Friederike V.Ruch In diesem Beitrag wird vor allem auf die Änderungen ab dem 1. Juni 2004 für EU-Staatsangehörige in der Schweiz (basierend auf dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU) bezüglich der Bewilligungen eingegangen sowie auf den Bereich des Dienstleistungsverkehrs und die gegenseitige Anerkennung von Diplomen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich grundsätzlich nur auf EU- und Schweizer Staatsangehörige. 1. Bewilligungen – Änderungen ab dem 1.Juni 2004 Per1.Juni 2004 wird das Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU zwei Jahre alt und hat die erste einschneidende Etappe in dem 12-jährigen Übergangsprozess bis hin zum vollkommenen freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU erreicht.Weiterhin bleibt jedoch bis zum 31. Mai 2007 die Regelung bestehen, dass alle EU-Staatsangehörige vor der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Schweiz, unabhängig von der Aufenthaltsdauer, eine Aufenthaltsbewilligung benötigen. Arbeitnehmer Per 1.Juni 2004 fällt nun für den Personenkreis der Arbeitnehmer, welche eine EU- Staatsangehörigkeit haben und in der Schweiz ihre Erwerbstätigkeit aufnehmen möchten, der Inländervorrang weg. Ebenfalls aufgehoben wird zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen dieser Arbeitskräfte, da diese mit der Inländerbehandlung nicht mehr vereinbar ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die flankierenden Massnahmen zu beachten. Dies bedeutet, dass für EU-Staatsangehörige mit beabsichtigtem Erwerbsort in der Schweiz weiterhin ein Bewilligungsgesuch eingereicht werden muss, dieses auch überprüft wird, jedoch keine arbeitsmarktliche Prüfung mehr stattfindet. Sofern ein frei verfügbares Kontingent vorhanden ist, besteht grundsätzlich kein Einwand für die Aufnahme der Erwerbstätigkeit eines EU-Staatsangehörigen in der Schweiz. Die Kontingente für Kurzaufenthalter EG/EFTA und Daueraufenthalter EG/EFTA bleiben unverändert. Somit bestehen weiterhin 115 500 Bewilligungen für Personen, welche sich bis max. 364 Tage im Jahr in der Schweiz aufhalten (sog. Kurzaufenthalter) und 15 000 Bewilligungen für Personen,welche sich befristet für einen längeren Zeitraum als 364 Tage oder unbefristet in der Schweiz aufhalten. Selbständig Erwerbende EU-Staatsangehörige, welche sich zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz niederlassen wollen, erhalten auch noch nach dem 1. Juni 2004 für eine sog. Einrichtungszeit zuerst eine Bewilligung für sechs Monate. Sofern der Nachweis einer effektiven Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in diesem Zeitraum erbracht wird, erfolgt die Erteilung einer Daueraufenthaltsbewilligung für fünf Jahre. Die Überprüfung der selbständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz mittels einer Einrichtungszeit seitens der Schweizer Behörde fällt erst per 1. Juni 2007 weg. Ab diesem Zeitpunkt, wird die Möglichkeit eines problemlosen Wechsels von einer selbständigen zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bestehen. Grenzgänger Auch für den Personenkreis der EU-Staatsangehörigen, welche als Grenzgänger in der Schweiz erwerbstätig sind, fallen die beiden Bedingungen Inländervorrang und Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen per 1. Juni 2004 weg. Ab diesem Zeitpunkt geniessen die Grenzgänger innerhalb der Grenzgängerzonen in der Schweiz den freien Personenverkehr. Erst per 1.Juni 2007 kommt es für diesen Personenkreis zu einschneidenden Veränderungen, denn ab diesem Zeitpunkt werden die Grenzgängerzonen innerhalb der Schweiz aufgehoben. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt ein Grenzgänger innerhalb der ganzen Schweiz erwerbstätig sein darf. Nichterwerbstätige Zu dieser Personengruppe zählen Rentner, Studenten und Schüler sowie andere Personen ohne Erwerbstätigkeit (bspw. Privatiers) und Dienstleistungsempfänger (bspw. Aufenthalte zu medizinischen Behandlungen). Für sie kommt es per 1. Juni 2004 zu keinen Änderungen, sondern es gelten die gleichen Bedingungen wie seit Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens. Seite 2 CH-D Wirtschaft 4/04
Familiennachzug Im Rahmen des Familiennachzuges von EU-/EFTA-Staatsangehörigen ist es zu einigen Diskussionen in der Vergangenheit gekommen, welche mittels eines Bundesgerichtsentscheides vom November 2003 grundsätzlich geklärt sind. Nach diesem Entscheid können sich Familienmitglieder aus Drittstaaten von Angehörigen der EU-/EFTA- Mitgliedstaaten bei der Zulassung nur noch dann auf das Personenfreizügigkeitsabkommen berufen,wenn sie bereits eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung in einem EU-/EFTA- Mitgliedsstaat besitzen.Vorübergehende Aufenthalte in einem EU-/EFTA-Mitgliedsstaat (bspw. Weiterbildung, Tourismus) werden hierbei nicht berücksichtigt. Befindet sich derenWohnsitz jedoch in einem Drittstaat, kann sich diese Person ebenfalls nicht auf die Regelungen über den Familiennachzug gemäss Personenfreizügigkeitsabkommen berufen. Drittstaatsangehörige Unter Drittstaatsangehörigen sind Personen zu verstehen, welche weder die Schweizer noch die EU- oder EFTA-Staatsangehörigkeit besitzen. Für Bewilligungsgesuche dieses Personenkreises wird ab dem 1. Juni 2004 in der Schweiz die Kontrolle des Inländervorrangs in der Schweiz auf die Kontrolle des Inländervorrangs in der Schweiz und dem gesamten Gebiet der EU-Mitgliedsstaaten (ohne die neuen EU-Mitgliedsstaaten ab dem 1. Mai 2004) erweitert. 2. Flankierende Massnahmen Grundsätzlich fällt die Möglichkeit der Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen für EU-Staatsangehörige per 1. Juni 2004 weg. Um die Schweiz vor Sozial- und Lohndumping durch billige Arbeitskräfte aus dem EU-Raum zu schützen, tritt per 1. Juni 2004 das Bundesgesetz über die entsandten Arbeitnehmer und die flankierenden Massnahmen in der Schweiz in Kraft. Massnahmen Die flankierenden Massnahmen haben zum Ziel die Einhaltung der üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Werden wiederholt Missbräuche festgestellt, können Massnahmen ergriffen werden, welche dann zwingende Mindestbedingungen festlegen. Es sind hierfür die folgenden Massnahmen vorgesehen: – Feststellen der minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen, die auf Arbeitnehmer anwendbar sind, welche von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem EU-Staat im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung in die Schweiz entsendet werden. – Im Fall von wiederholter missbräuchlicher Unterbietung können: – Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages unter erleichterten Voraussetzungen allgemeinverbindlich erklärt werden, welche die Entlöhnung, die Arbeitszeiten sowie den paritätischen Vollzug des Gesamtarbeitsvertrages betreffen – Fehlt die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Gesamtarbeitsvertrages, so kann ein Normalarbeitsvertrag mit zwingenden Mindestlöhnen erlassen werden. In den Kantonen werden zudem tripartite Kommissionen eingerichtet, welche den Arbeitsmarkt überwachen und allfällige Sanktionen beantragen. Entsendung von Arbeitnehmern in die Schweiz Eine Entsendung von Arbeitnehmern liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung auf Weisung und Rechnung seines Arbeitgebers in einem anderen Staat erbringen muss, als in dem er gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Die Entsandten bleiben auch während Ihrer Entsendung in der Regel dem bestehenden Arbeitsvertrag unterstellt, den sie mit ihrem Arbeitgeber abgeschlossen haben. Zu dem Zweck der Überprüfung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen, werden einige geltende Normen in der Schweiz auf diese Arbeitnehmer angewendet. Es sind dies u.a. Normen in den folgenden Bereichen: – Arbeits- und Ruhezeit – Mindestdauer der Ferien – Minimale Entlöhnung – Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz – Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen – Gleichbehandlung von Frau und Mann 3. Dienstleistungsverkehr Mit dem Inkrafttreten der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU am 1. Juni 2002 ist nicht gleich auch die Dienstleistungsfreiheit eingeführt worden, so wie sie in der EU gegeben ist. Es fand lediglich eine Liberalisierung im Bereich des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs statt. Die Arbeitsvermittlung und der Personalverleih sind von dieser Liberalisierung komplett ausgenommen. Die im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs umfasst folgende Aspekte: – Die zeitlich beschränkte Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat ohne Niederlassung. – Die Entsendung von Mitarbeitern durch Firmen mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU, zur Erbringung einer befristeten Dienstleistung. – Aufenthalte von Personen, die als Empfänger einer Dienstleistung in die Schweiz einreisen. Zu unterscheiden ist im Bereich des Dienstleistungsverkehrs, ob eine Dienstleistungserbringung im Rahmen eines Dienstleistungsabkommens erbracht wird oder ob kein Dienstleistungsabkommen dafür vorhanden ist. Dienstleistungsabkommen In den Bereichen, in welchen zwischen der Schweiz und der EU ein Dienstleistungsabkommen (Landverkehr, Luftverkehr, öffentliches Beschaffungswesen) besteht, hat der Erbringer einer solchen Dienstleistung grundsätzlich einen Anspruch darauf, diese Tätigkeit auch in einem anderenVertragsstaat auszuüben. Für die gesamte Dauer der Erwerbstätigkeit im anderen Vertragsstaat besteht ein Recht auf Einreise und Aufenthalt im Rahmen des entsprechenden Dienstleistungsabkommen. Sofern eine Dienstleistungserbringung in der Schweiz bis zu 8 Tagen innerhalb einer Gesamtperiode von 90 Arbeitstagen dauert, ist keine Arbeitsbewilligung notwendig. Dauert die Dienstleistungserbringung jedoch länger als 8 Tage, so muss eine Bewilligung hierfür eingeholt werden. Bis zum 31. Mai 2004 erfolgt für diese Personengruppe auch die Kontrolle der Lohnund Arbeitsbedingungen. Bereits heute findet keine Kontrolle des Inländervorrangs in der Schweiz statt. Kurzaufenthaltsbewilligungen EG/EFTA von weniger als 4 Monate unterliegen in der Schweiz nicht der Kontingentierung. Wird eine Kurzaufenthaltsbewilligung EG/EFTA für einen längeren Zeitraum als 8 Monate benötigt, so unterliegt diese der Kontingentierung, wobei eine Ausschöpfung der Kontingente dem Gesuchssteller nicht entgegen gehalten werden darf. Kein Dienstleistungsabkommen In den Bereichen, in denen kein Dienstleistungsabkommen besteht, erhalten EU- Seite 3 CH-D Wirtschaft 4/04
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